Die Bereitstellung von Kinderbetreuungsmöglichkeiten wird als wichtiger Faktor für die Frauenerwerbstätigkeit, die Geschlechtergerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt und die Geburtenentwicklung betrachtet. In Deutschland dreht sich die aktuelle politische und gesellschaftliche Debatte hauptsächlich um die flächendeckende Betreuung von Kindern unter drei Jahren. So sollen bis zum Jahr 2013 ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr umgesetzt und Plätze für bundesweit durchschnittlich 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren bereitgestellt werden. Ein Blick auf die Betreuungsquoten zeigt (Abbildung 1), dass in der Mehrzahl der ostdeutschen Landkreise diese gesetzlich vorgegebene Marke bereits erreicht ist. In Westdeutschland liegt die Betreuungsquote hingegen in den meisten Kreisen bei unter 20 Prozent.
Abb. 1: Anteile von unter dreijährigen Kindern in Kindertageseinrichtungen an allen Kindern dieser Altersgruppe in Deutschland. Die Daten beziehen sich auf Kinder in Tageseinrichtungen und in öffentlich geförderter Kindertagespflege am 1. März 2009. Quelle: Statistisches Bundesamt 2010, Basiskarte: Bundesamt für Kartographie und Geodäsie (eigene Darstellung).
In Westdeutschland wurde in der Vergangenheit das Ziel verfolgt, mit einem flächendeckenden Angebot an Kindergartenplätzen Kindern aller sozialen Schichten eine frühe Förderung zu ermöglichen. Dies betraf Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schulalter. Der Ausbau der Betreuung für Kinder unter drei Jahren markiert einen Richtungswechsel in der deutschen Familienpolitik: Nun soll Frauen die Vereinbarkeit von Kind und Beruf erleichtert werden. Gerade vor dem Hintergrund des neuen Paradigmas stellt sich die Frage, welche sozialen Gruppen externe Betreuung nutzen und wie sich dieses Profil über die Zeit hinweg verändert hat.
In einer neuen Studie des Max-Planck-Institutes für demografische Forschung Rostock wurde auf Grundlage des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) für den Zeitraum 1995 bis 2008 untersucht, welche sozio-demografischen Merkmale der Mutter mit der Inanspruchnahme einer Kindertageseinrichtung zusammenhängen. Die Analysen deuten darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit einer externen Betreuung über die Jahre kontinuierlich zugenommen hat.
Abb. 2: Determinanten der externen Betreuung von Kindern im Alter von zwei bis drei Jahren in Westdeutschland: Zusammenhang zwischen Bildung und Kalenderjahr. Quelle: SOEP 1995-2008 (logistische Regression, Referenzkategorie: Frauen mit Abitur 2005-2008; eigene Berechnungen).
Welche Rolle spielt dabei das Bildungsniveau der Mutter? Diese Analyse konnte nur für Westdeutschland durchgeführt werden, da für Ostdeutschland die Fallzahlen zu gering sind. In einem logistischen Regressionsmodell wurden Faktoren untersucht, die mit der Nutzung von Kinderbetreuungseinrichtungen zusammenhängen. In die Analyse gingen unter anderem die Bildung, die Nationalität und der Erwerbsstatus der Mutter ein. Abbildung 2 veranschaulicht die Veränderungen in der Nutzung externer Betreuung für Kinder im Alter von zwei bis drei Jahren in Westdeutschland in Abhängigkeit vom Bildungsgrad der Mutter: Für alle Bildungsgruppen steigt die Neigung, ein externes Betreuungsarrangement zu nutzen, über die Zeit hinweg. Für Kinder, deren Mütter einen Real- oder Hauptschulabschluss oder ein niedrigeres Bildungsniveau haben, ist der Effekt sehr ähnlich, so dass kaum Unterschiede in der Abbildung zwischen den beiden Kurven erkennbar sind. Kinder, deren Mütter Abitur haben, weisen in allen beobachteten Jahren eine etwa dreimal so hohe relative Chance auf, sich in externer Betreuung zu befinden, wie Kinder von Frauen mit anderem Abschluss. Dieses Ergebnis könnte darauf hinweisen, dass es für Mütter mit Abitur wichtig ist, einem Beruf nachzugehen, und dass sie deshalb häufiger Betreuung für Kinder unter drei Jahren in Anspruch nehmen als Frauen mit geringerer Bildung.
Zweifellos sind die politisch angestrebten Reformen der Betreuungsinfrastruktur ein wesentlicher Schritt zur Modernisierung des Wohlfahrtsstaats, mit dem die Erwerbstätigkeit von Müttern unterstützt wird. Es bleibt abzuwarten, ob es weiterhin in erster Linie hoch qualifizierte Frauen sein werden, die für ihre Kinder Krippen- und Ganztagsbetreuung in Anspruch nehmen, wie diese Analysen andeuten, oder ob die Nutzung dieser Einrichtungen für alle gesellschaftlichen Gruppen zur Normalität wird.