Die Autoren der Studie von der Universität Rostock untersuchten zum ersten Mal die Versorgung mit Bankdienstleistungen auf Kreisebene. Sie teilten die knapp 440 deutschen Kreise in die drei Typen dichter, mittlerer und ländlicher (dünner) Besiedlung auf, und errechneten für sie die Zahl der Niederlassungen pro 100.000 Einwohner (demografische Filialdichte) für das Jahr 2003: Während sie in den dicht besiedelten Gebieten bei 54 lag, kamen der mittleren Typus auf 72 und die ländlichen Regionen sogar auf 76. Zwar wurden überall Geschäftsstellen geschlossen. Jedoch erwies sich dies nicht als ein Trend, der besonders auf dünn besiedelte Regionen zutrifft – im Gegenteil: Dort ging die demografische Filialdichte von 2001 auf 2003 mit einem Minus von 8,5 Prozent am wenigsten stark zurück (ganz Deutschland: -9,7 Prozent).
Die drei Bankengruppen – Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken –, die auch als die drei Säulen des deutschen Bankensystems bezeichnet werden, engagieren sich je nach Besiedlungstyp des Kreises unterschiedlich stark. Tendenziell halten jedoch alle Gruppen mehr Geschäftsstellen pro Einwohner in dünner bevölkerten Gebieten (siehe Grafik). Das Gros der Filialen haben unabhängig von der Besiedlungsdichte die Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Diese beiden Säulen halten damit das Bankwesen auch in schwach bewohnten Gebieten substantiell aufrecht: Gemeinsam stellten sie auf dem Land 2003 zwölf mal so viele Niederlassungen pro Einwohner wie die Privatbanken.
Abb. 1: Bankfi lialen pro 100.000 Einwohner nach Besiedlungstyp deutscher Kreise im Jahr 2003; ohne Postbankstellen, darum niedrige Zahl bei privaten Banken (Quelle: Deutsche Bundesbank, BBR, eigene Berechnungen).
Filial-Ausbau oder -Rückzug der Banken in einer Region muss nicht nur an der dortigen Bevölkerungsdichte liegen. Die Gebiete sind auch unterschiedlich attraktiv für die Finanzdienstleister, weil sich deren Wohlstand unterscheidet. Nachdem die Rostocker Wissenschaftler dessen Einfluss statistisch herausgerechnet hatten, zeigte sich deutlich: Im Durchschnitt aller Kreise nimmt die Zahl der Filialen von Sparkassen oder Genossenschaftsbanken pro Einwohner tatsächlich immer weiter zu, je dünner ein Gebiet besiedelt ist (für die schwach vertretenen Privatbanken lagen keine ausreichenden Daten vor).
Dies scheint dem Fakt zu widersprechen, dass die Zahl der Filialen pro Quadratkilometer sinkt, wo die Bevölkerungsdichte abnimmt. Die Banken ziehen sich in schrumpfenden Regionen tatsächlich aus der Fläche zurück. So kamen 2003 im einwohnerstärkeren Westen Deutschlands 160 Bankfilialen auf Tausend Quadratkilometer, im dünner besiedelten Osten nur etwa 60.
Die Banken reduzieren ihre Präsenz jedoch weniger stark, als die Bevölkerung schrumpft. Im Ergebnis bleiben mehr Filialen pro Mensch. Berücksichtigt man, dass in den neuen Bundesländern weniger Menschen wohnen als im Westen, sind beide fast gleichauf: Die demografischen Filialdichten lagen bei 60 (West) zu 50 (Ost) Geschäftsstellen. Im Vergleich der Kreise für ganz Deutschland liegen die dünn besiedelten sogar vorn.
Die Versorgung durch Sparkassen und Genossenschaftsbanken wird nicht nur mit abnehmender Bevölkerungsdichte besser, sondern auch mit dem Anteil älterer Einwohner: In Kreisen mit mehr Menschen im Alter über 74 Jahren haben sie mehr Filialen als in „jüngeren“ Gebieten. Sie unterstützen damit eine Kundengruppe, die verstärkt persönlichen Kontakt und Beratung braucht. Sparkassen zeigen dabei eine höhere Spezialisierung auf „ältere“ Regionen als Genossenschaftsbanken.
Stärker sind die Sparkassen auch dort, wo die Menschen ärmer sind. Der Marktanteil der Genossenschaftsbanken nimmt mit sinkendem Wohlstand der Kunden spürbar ab, der der Sparkassen hingegen zu. Auf Länderebene liegt die Bundesrepublik mit einer demografischen Filialdichte von 48 im Jahr 2009 knapp über dem Länderdurchschnitt der EU 27 von 46. Die Bankenkrise hat keinen merklichen Einfluss auf die Entwicklung der Bankstellendichte gehabt. Ein abnehmender Trend ist in allen europäischen Ländern bereits vorher zu beobachten.