In einer Studie des Rostocker Zentrums zur Erforschung des Demografischen Wandels wurde auf Basis der 11. koordinierten Bevölkerungsprognose (mittlere Variante) des Statistischen Bundesamtes die zukünftige Entwicklung der Zahl der Kinder und Jugendlichen im Alter 0 bis 14 in Deutschland bis zum Jahr 2050 ermittelt. Anschließend wurde mit Hilfe der Krankenhausdiagnosestatistik der Jahre 2000 bis 2004 die Behandlungshäufigkeit wichtiger Diagnosegruppen in der Altersgruppe der 0- bis 14-Jährigen bis zum Jahr 2050 vorausgeschätzt.
Die Zahl der Alten (60+ Jahre) wird bis 2050 um 35 Prozent, die der Hochaltrigen (80+ Jahre) um 166 Prozent steigen, während die der Kinder und Jugendlichen um 30 bis 40 Prozent zurückgehen wird (Abbildung 1a). Dabei ist der Rückgang in Ost-und Westdeutschland in allen Altersgruppen relativ ähnlich, mit Ausnahme der 10- bis 14-Jährigen in den östlichen Bundesländern. Ihr Anteil steigt zunächst bis zum Jahr 2015 um 20 Prozent, sinkt danach aber bis 2050 auf 85 Prozent des heutigen Wertes. Hierbei handelt es sich um die ab 1994 Geborenen. Der Anstieg bis 2015 erklärt sich aus der Entwicklung der Geburten nach der deutschen Einheit: Nachdem die Zahl der Geburten in den ersten Jahren nach 1990 stark gesunken war, stieg sie von 1994 an wieder kontinuierlich, erreichte aber längst nicht das Niveau der Jahre vor 1990. Der Rückgang ab 2015 erklärt sich auch aus der geringer werdenden Anzahl potenzieller Mütter, wenn die wenig besetzten Geburtsjahrgänge selbst Kinder bekommen.
Abb. 1a: Anzahl der 0- bis 14-Jährigen in Deutschland 2006-50. Quelle: 11. koordinierte Bevölkerungsprognose des Statistischen Bundesamtes. Abb. 1b: Prognose der relativen Veränderung der stationären Behandlungsfälle bei den 0- bis 14-Jährigen 2006-50 nach Altersgruppen und Prognose der stationären Behandlungsfälle bei den 0- bis 14-Jährigen 2006-50.(Eigene Darstellung.)
Unterschiedliche Entwicklungstendenzen zeigen sich auch in der kleinräumigen Betrachtung. In den westlichen Bundesländern fällt der Rückgang in Großstädten am geringsten aus, in kleinen Landgemeinden am stärksten. Im Osten hingegen ist der Rückgang in den großen Landgemeinden am geringsten, gefolgt von den Großstädten. Dies liegt hier vor allem an der Stadt-Umland-Wanderung, also den Zuzügen aus den Großstädten in die umliegenden größeren Gemeinden.
Die Betrachtung der stationären Behandlungsfälle ausgewählter Krankheiten im Kindes- und Jugendalter zeigt, dass diese in den jeweiligen Altersgruppen unterschiedlich häufig vertreten sind. Kleinkinder bis zu einem Jahr werden am häufigsten stationär wegen „Erkrankungen mit Ursprung in der Perinatalperiode“ behandelt. Die häufigste Diagnosegruppe bei Kindern im Alter von einem bis neun Jahre sind „Krankheiten des Atmungssystems“. Die 10- bis 14-Jährigen werden am häufigsten wegen „Verletzungen, Vergiftungen und anderen Folgen äußerer Ursachen“ in ein Krankenhaus eingewiesen, wobei Jungen generell ein höheres Behandlungsaufkommen haben als Mädchen.
Berücksichtigt man die Bevölkerungsentwicklung, so wird die Zahl der stationären Behandlungen bei den Unter-Ein-Jährigen sowie bei den Ein- bis Vierjährigen über alle Diagnosegruppen hinweg bis zum Jahr 2020 um nicht mehr als zehn Prozent sinken. Hingegen reduziert sich die Zahl der Behandlungsfälle für die Altersgruppen 5 bis 14 bis zum Jahr 2020 auf knapp 80 Prozent. Danach findet sich für alle Altersgruppen ein Rückgang um 30 bis 40 Prozent im Vergleich zum Ausgangsjahr 2006. Die absolute Zahl der zu behandelnden Fälle wird im Jahre 2050 um etwa 400.000 niedriger sein als 2006 (Abbildung 1b). Der Großteil des Rückgangs kommt aus der Altersgruppe der Ein- bis Vierjährigen gefolgt von den Fünf- bis Neunjährigen.
Grundlage für die Prognose ist die Annahme, dass das Risikoprofil der Kinder und Jugendlichen und die Behandlungshäufigkeit gleich bleiben. Das Risikoprofil von Erkrankungen, Unfällen und den klassischen Risikofaktoren wie Rauchen, Ernährung und sportliche Betätigung unterscheidet sich jedoch stark nach sozialer Herkunft. Da die Kinderarmut in den vergangenen Jahren trotz einer Annäherung der Kinderzahl zwischen den Bildungsgruppen zugenommen hat, werden sich die Risikoprofile der Kinder und Jugendlichen vermutlich in Zukunft aber auch verändern.
Die Gesundheitspolitik steht somit vor der Aufgabe, in stark alternden und oft zugleich schrumpfenden Regionen die medizinische Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Ressourcenverschiebungen in höhere Altersgruppen sind dabei zwangsläufig die Folge der Bevölkerungsalterung. Vor allem in schrumpfenden Regionen könnte es zu Schließungen und Zusammenlegungen von stationären Behandlungseinrichtungen kommen. Dabei muss aber auch die optimale medizinische Versorgung von Kindern und Jugendlichen gewährleistet bleiben, denn ein Grundstein für die weitere positive Entwicklung der Lebenserwartung und Gesundheit im Alter wird bereits im Kindheits-und Jugendalter gelegt. So hat eine Reihe von Studien gezeigt, dass zum Beispiel Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ihre Wurzeln in den frühen Lebensjahren haben.