Die Analyse nutzt Daten des österreichischen Familien- und Fertilitätssurvey. Untersucht wurde, wie sich die Geburt eines Kindes oder eine Schwangerschaft auf einen Umzug über die Grenzen eines Bezirkes hinweg auswirkt. Unterschieden werden drei Arten von Wohngegenden: Großstädte, Städte von kleinerer und mittlerer Größe sowie dörfliche Gebiete. Dabei zeigen sich sowohl eine große Beliebtheit ländlicher Gegenden als auch ein starker Einfluss einer ersten Schwangerschaft: Schwangere Frauen bzw. Männer, deren Partnerin schwanger ist, haben eine fast sechsmal so hohe Wahrscheinlichkeit, in ländliche Regionen umzuziehen wie Personen ohne bevorstehende Familienerweiterung. Dabei wird die Zeit um die Mitte der Schwangerschaft am häufigsten für den Umzug genutzt (Abbildung 1). Kurze Zeit nach der Geburt eines Kindes sinkt das Umzugsrisiko wieder auf ein Niveau, das ähnlich niedrig wie das vor der Schwangerschaft ist. Bleibt eine Familie mit einem Kind hingegen in der Großstadt, sorgt dann ein sich ankündigendes weiteres Kind für Umzugspläne: Sprössling 2 oder 3 erhöht das Risiko um 50 Prozent, dass die Familie aufs Land zieht.
Etwa halb so oft wie in Dörfer, aber deutlich häufiger als in Großstädte ziehen (werdende) Familien in kleine und mittelgroße Städte. Auch hier finden Umzüge am häufigsten um die Schwangerschaftsmitte statt. Bei einem zweiten oder dritten Kind liegt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Familie in eine Stadt zieht, bei 55 bzw. 45 Prozent. Wenig attraktiv für Eltern sind Großstädte: Während es für Personen mit einem ersten Baby etwas weniger wahrscheinlich ist, in eine Großstadt zu ziehen, als für Menschen ohne anstehenden Familienzuwachs, sinkt das Risiko eines Umzugs in die City bei einem zweiten oder dritten Kind um etwa 70 bzw. 80 Prozent.
Abb. 1: Auswirkungen einer ersten Schwangerschaft auf Umzüge über lange Distanzen.
Für Umzüge innerhalb eines Bezirkes – also über relativ kurze Distanzen – erweist sich die erste Schwangerschaftshälfte ebenfalls als die Zeit mit der höchsten Umzugsneigung. Während einer ersten Schwangerschaft ist ein Umzug fünfmal so wahrscheinlich wie für Menschen ohne Familienpläne. Beim zweiten Kind ist das Umzugsrisiko immerhin noch doppelt so hoch wie für kinderlose Personen. In der zweiten Schwangerschaftshälfte – sowohl eines ersten als auch eines zweiten Kindes – sinkt die Umzugsfreude ähnlich wie bei Umzügen über größere Distanzen drastisch. Das deutet darauf hin, dass die (werdenden) Eltern die mit einem Umzug verbundenen Belastungen später vermeiden wollen, wenn der Nachwuchs gerade geboren oder noch klein ist.
Unterscheidet man die Umziehenden nach ihrem Familienstand, zeigt sich, dass immer häufiger vor allem die erste Schwangerschaft ein Grund für die werdenden Eltern ist, um einen gemeinsamen Haushalt zu gründen. Dies gilt für die meisten Umzüge über lange Distanzen wie für viele Kurzstreckenumzüge. Teilen Paare zur Zeit der Schwangerschaft bereits den Haushalt, erfolgt ein Umzug meist in der Region; über große Entfernungen ziehen fast nur Großstädter wegen des ersten Kindes um – und zwar aufs Land.
Diese Studie bestätigt insgesamt erwartungsgemäß, dass österreichische Familien weniger umzugsfreudig sind als kinderlose Paare und Singles ohne Kinder. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der finanzielle und psychologische Aufwand mit der Zahl der Familienmitglieder stark steigt, wenn der Raum der täglichen Aktivitäten gewechselt wird; vor allem gilt dies für Familien mit Kindern im Schulalter. Zudem kann die geringe Umzugswahrscheinlichkeit für Familien, die ein zweites oder drittes Kind erwarten, daraus resultieren, dass sich die Eltern zu dieser Zeit bereits am Wohnort, in der Umgebung und im beruflichen Umfeld etabliert und eingelebt haben. Zudem mögen viele von ihnen bereits die Region gefunden haben, in der sie arbeiten, wohnen und ihre Kinder aufwachsen lassen möchten.
Dass Paare mit Kindern von Großstädten aufs Land ziehen, überrascht kaum. Während Kinder einerseits den Wunsch und die Möglichkeiten der Eltern eines – meist beruflich bedingten – Umzuges über große Entfernungen reduzieren mögen, führt eine zunehmende Familiengröße andererseits dazu, Wohnbedingungen und Wohnumfeld verbessern zu wollen. Offenbar ist die abzusehende Ankunft eines Kindes für Paare aus der Großstadt der Anlass, sich ihren Traum von der ländlichen Idylle zu erfüllen. Viele von ihnen stammen selbst aus dörflichen Gegenden oder Kleinstädten. Andere sind der „Natur- oder Familientyp“ mit Stadthintergrund. Der Ausbau des Servicesektors hat eventuell dazu beigetragen, dass diese Personen ihre Arbeitsplätze in der Großstadt verlassen und selbst in weiter abgelegenen Gegenden ähnliche Jobpositionen finden konnten. Auch haben vermutlich die zunehmende Verbreitung der Telekommunikation und verbesserte Transportbedingungen ermöglicht, Wohnen am neuen Wohnort und Arbeiten am alten Arbeitsplatz zu verbinden.