Ausgabe 2007/3
Max-Planck-Institut für demografische Forschung /Bundeswehruniversität München
2007 | Jahrgang 4 | 3. Quartal
Bevölkerungsentwicklungen beeinflussen die Machtbalance in Europa. Der demografische Wandel wird
sich in der Europäischen Union
deutlich auf Machtverteilungen
und Entscheidungsprozesse auswir-
ken. Denn die Bevölkerungsgröße
der Mitgliedsstaaten spielt neben
anderen Faktoren eine entscheiden-
de Rolle für die Machtarchitektur – insbesondere nach den neuen Abstimmungsregeln ab 2009. Diese
Architektur wird in den kommenden 50 Jahren in Bewegung geraten, denn die Bevölkerungszahlen
der einzelnen Länder werden sich
sehr unterschiedlich entwickeln.
Eingespielte Koalitionen von Mitgliedsstaaten könnten zukünftig
weniger ausrichten, und neue
Konfliktlinien zwischen schrumpfenden und wachsenden Staaten
zeichnen sich ab.
Universität Rostock
2007 | Jahrgang 4 | 3. Quartal
Aber nicht nur ländliche, periphere Regionen im Osten sind abgehängt. Räumliche Ungleichheiten innerhalb
Deutschlands gewinnen in der politischen Debatte zunehmend an Gewicht:
Boomende Regionen um Ballungsräume
werden dabei strukturschwachen, ländlichen Räumen – vor allem im Osten des
Landes – gegenübergestellt. Doch die
grobe Teilung in West und Ost oder in
urbane und ländliche Räume taugt nur
bedingt, um die divergierenden Prozesse
im Land zu erfassen. Entscheidend sind
die gesellschaftlichen Folgen der demografischen und ökonomischen Veränderungen – zukünftige Teilhabechancen
und Lebensbedingungen hängen zunehmend vom Wohnort, von institutionellen
Rahmenbedingungen und individuellen
Mobilisierungskräften ab.
Vienna Institute of Demography
2007 | Jahrgang 4 | 3. Quartal
Divergierende Geburtenentwicklung nach Daten des Eurobarometers nicht ausgeschlossen. Erhebungen zum Kinderwunsch deuten
ein stärkeres Auseinanderdriften der EU-15-Staaten beim Geburtenniveau an. So
hat sich zwischen 2001 und 2006 in vielen
Ländern die Wunschvorstellung von mindestens zwei Kindern verfestigt. Diese
Nationen können weiterhin eine relativ
hohe Fertilität erwarten. In Staaten, in
denen die Geburtenrate bereits seit
Jahrzehnten auf sehr niedrigem Niveau
liegt, geht der Kinderwunsch hingegen
eher zurück – hier muss auch zukünftig
mit wenig Geburten gerechnet werden.