Wenn das erste Kind zur Welt kommt, bleibt für Paare nichts, wie es war: Die Haus- und Erwerbsarbeit muss neu aufgeteilt und die Betreuung des Kindes rund um die Uhr geregelt werden. Noch immer führt das oft dazu, dass Frauen einen Großteil der Betreuungs- und Hausarbeit übernehmen und bei der Erwerbsarbeit dafür Abstriche machen. Das betrifft nicht nur die Arbeitszeit, sondern auch die Höhe des Stundenlohns.
Dieser sinkt in Deutschland für Frauen nach der Geburt des ersten Kindes im Schnitt um über elf Prozent, zeigt eine neue Studie, die Thomas Skora, Heiko Rüger und Nico Stawarz vom Wiesbadener Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung durchgeführt haben. Sie griffen dafür auf das Deutsche Sozio-oekonomische Panel (SOEP) zurück und werteten Daten von Befragten aus, die im Zeitraum von 2001 bis 2017 zwischen 18 und 49 Jahre alt waren. Um Zusammenhänge zwischen der Pendeldistanz und dem Stundenlohn aufzeigen zu können, verglichen die Forscher in ihrer Regressionsanalyse immer die Angaben ein und derselben Person – vor der Geburt des ersten Kindes sowie danach. Auch weitere Faktoren wie Alter, Wohnort oder Partnerschaftsstatus der Befragten wurden als Kontrollvariablen berücksichtigt.
Dabei zeigt sich, dass sich an der durchschnittlichen Pendeldistanz von Vätern nach der Geburt des ersten Kindes kaum etwas verändert, während unter den Müttern fast jede dritte die Distanz zum Arbeitsort verringert – mit erheblichen Folgen für die Gehaltsabrechnung: Diejenigen Mütter, die den Weg zum Arbeitsort verkürzen, stehen mit Lohnnachteilen von über 18 Prozent deutlich schlechter da als Mütter, die ihre Pendeldistanz nicht reduzieren und deren Lohneinbußen mit knapp neun Prozent nicht einmal halb so groß sind (Abb. 1). Ein wichtiger Grund für diese Unterschiede liegt in dem Jobwechsel der Mütter begründet. Denn Mütter, die ihre Pendeldistanz verkürzen, indem sie ihren Wohnort dichter an den Arbeitsort verlegen, müssen kaum Lohneinbußen hinnehmen. Frauen aber, die an einen näher gelegenen Arbeitsplatz wechseln, nehmen damit im Schnitt einen Lohnnachteil von gut 30 Prozent in Kauf. Und oft scheint dieser Wechsel auch von langer Dauer zu sein: Die Pendeldistanz stieg auch innerhalb der folgenden sieben Jahre nicht mehr wesentlich an, fanden die Forscher heraus.
Lohneinbußen bei Mutterschaft
Abb. 1: Die hier zu Prozentzahlen umgerechneten Ergebnisse der Regressionsanalyse zeigen einen deutlichen Nachteil für Frauen, die sich nach der Geburt des Kindes einen näher gelegenen Arbeitsplatz suchen. Quelle: SOEP, eigene Berechnungen
Mögliche Erklärungen für die Lohneinbußen bei näher gelegenen Arbeitsstellen fanden Thomas Skora und seine Kollegen in der Humankapitaltheorie und der Theorie der Arbeitssuche. In verschiedenen Modellen untersuchten sie, inwieweit berufliche Faktoren die Lohneinbußen erklären können, etwa die Länge der Firmenzugehörigkeit sowie ein Wechsel in die Selbständigkeit, zu kleineren Firmen oder zu Arbeitsstellen, deren Anforderungen nicht der Qualifikation entsprechen. Der Verlust von firmenspezifischem Wissen, das durch eine längere Betriebszugehörigkeit erworben wurde, kann demnach einen Teil der Einbußen erklären, ebenso wie der Wechsel zu kleineren Firmen und in Jobs, die dem Qualifikationsprofil nicht gut entsprechen.
Insgesamt zeigt sich, dass die Lohneinbußen, die mit dem Übergang zur Elternschaft einhergehen, um 23 Prozent geringer ausfallen, wenn nur die Frauen berücksichtigt werden, die ihre Pendeldistanz nach der Geburt nicht verringern. Das heißt knapp ein Viertel des Lohnnachteils für Mütter lässt sich durch Jobwechsel erklären, die familienfreundlichere Arbeitswege schaffen. Um diese Lücke weiter zu schließen, seien politische Maßnahmen sinnvoll, die pendelnde Eltern unterstützen sowie attraktive und flexible Arbeitsplatzangebote in Wohnortnähe schaffen, schreiben die Forscher.