Der Anteil der demokratischen Anhängerschaft könnte demnach bis 2043 um zwei bis drei Prozentpunkte wachsen, schreiben Anne Goujon vom Vienna Institute of Demography und ihre Kollegen und zeigen damit, was demografische Forschung leisten kann. Bisher wurden hauptsächlich die Einflüsse politischer und sozialer Faktoren auf die Sterblichkeit, die Geburtenraten oder die Migration untersucht. Anne Goujon und ihre Kollegen drehen den Spieß nun um: Wie beeinflusst die demografische Entwicklung – also das Zu- oder Abnehmen einer bestimmten Anhängerschaft – das politische Geschehen?
Abb. 1: Die beiden Erhebungen ANES und GSS zeigen, wie sich das Verhältnis von demokratischer und republikanischer Anhängerschaft von 1972 bis 2004 entwickelt hat. Quelle: ANES, GSS.
Die USA eignen sich für diese Art von Projektionen besonders gut, weil sich die beiden großen Parteien in ihren Programmen deutlich voneinander abgrenzen und es damit eine eher geringe Zahl an Wechselwählern gibt. Die Partei-Anhängerschaft wird zudem größtenteils von den Eltern übernommen und ist dadurch mit demografischen Projektionen gut zu modellieren: Wie viele Partei-Anhänger werden sterben, wie viele werden neu geboren, und wie viele wandern aus dem Ausland ein? Antworten auf diese Fragen können die Demografen mit Hilfe detaillierter Daten aus den großen Erhebungen ANES (American National Election Study) und GSS (General Social Survey) geben (s. Abb.1). Da die Altersstrukturen bei den demokratisch und republikanisch orientierten Wählern relativ ähnlich sind, ist es vor allem entscheidend, wie viele Kinder von Parteianhängern geboren werden und wie viele potentielle Unterstützer einwandern. Mit unterschiedlichen Annahmen zur Entwicklung dieser beiden Faktoren entwerfen die Demografen in ihrer Studie verschiedene Szenarien (s. Abb. 2). Die zehn bis 15 Prozent der unabhängigen Wähler werden dabei nicht berücksichtigt.
Abb. 2: Die Langzeitprojektion zeigt, dass sich höhere Geburtenraten bei den Anhängern der Republikaner erst sehr spät auswirken. Bevor dieser Effekt zum Tragen kommt, profitieren die Demokraten von der Zuwanderung. Für ihre Prognose sind die Autoren von dem Szenario H0 ausgegangen. Quelle: ANES, GSS, eigene Berechnungen.
Demnach können die Republikaner von einer höheren Geburtenrate profitieren. Hier zogen sie in den letzten Jahren mit den Demokraten gleich und werden sie bei gleichbleibender Entwicklung bis 2043 deutlich überholen. Während die Sympathisanten der Demokraten dann eine Geburtenrate von 1,4 Kindern pro Frau hätten, läge sie im Lager der Republikaner bei 1,8. Doch bis diese höhere Geburtenrate sich auf die Anzahl der wahlberechtigten Sympathisanten auswirkt, wird es dauern. Bleibt der Fertilitäts-Vorteil weiter bestehen und gibt es keine weitere Zuwanderung, dann könnte die Zahl der republikanischen Unterstützer die der Demokraten erstmals am Ende dieses Jahrhunderts übertreffen (s. Abb. 1).
Doch viel wahrscheinlicher ist es, dass es einen bestimmten Zuzug von Migranten weiter geben wird. Weil die größte Migrantengruppe aus Asien und Lateinamerika zu 71 Prozent die Demokraten und nur zu 29 Prozent die Republikaner unterstützt, würde davon die demokratische Anhängerschaft profitieren. Werden die Wahrscheinlichkeiten der unterschiedlichen Szenarien berücksichtigt, gehen die Forscher davon aus, dass unter den Anhängern der beiden großen Parteien im Jahr 2043 59 Prozent mit den Demokraten sympathisieren und nur 41 Prozent mit den Republikanern – ein Zuwachs beziehungsweise ein Verlust von 2,5 Prozentpunkten gegenüber dem aktuellen Verhältnis von 56,5 zu 43,5 Prozent. Daher ist ein solch klares Verhältnis für die Demokraten, die bei der Umfrage zur Wählersympathie seit 1956 immer vorn lagen, keinesfalls die Garantie für einen Wahlgewinn. Und genauso wenig ist das berechnete Szenario eine Wahlprognose 30 Jahre im Voraus. Es kann aber zeigen, welche Partei langfristig von den demografischen Entwicklungen profitieren könnte.