Zu viel Gewicht ist ungesund. All jenen, die zu viele Kilos auf die Waage bringen, drohen Folgekrankheiten. Herz-Kreislauf-Leiden, Typ-2-Diabetes und Arthrose sind nur einige davon. Wer bis ins hohe Alter gesund bleiben möchte, tut daher gut daran, auf sein Gewicht zu achten.
Dennoch registriert die WHO seit langem vor allem steigende Zahlen von Menschen, die als fettleibig gelten. So nahm der Anteil adipöser Männer mit einem BMI über 30 (siehe Glossar) zwischen 1980 und 2008 weltweit von 4,8 auf 9,8 Prozent zu. Bei den Frauen stieg der Anteil von 7,9 auf 13,8 Prozent. Auch die Deutschen blieben von dieser Entwicklung nicht verschont.
Studien dazu konzentrierten sich bislang allerdings nur auf vergangene und gegenwärtige Trends. Christina Westphal und Gabriele Doblhammer vom Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels haben nun erstmals einen Blick in die Zukunft geworfen: Anhand sechs verschiedener Szenarien haben sie ermittelt, wie sich die Zahlen leicht übergewichtiger und fettleibiger Menschen bis zum Jahr 2030 entwickeln könnten. Dabei konzentrierten sie sich zunächst auf die Gruppe der über 50-Jährigen.
Für ihre Berechnungen verwendeten die Rostocker Demografinnen Zahlen des Statistischen Bundesamtes: zum einen Ergebnisse des Mikrozensus aus den Jahren 1999 bis 2009, zum anderen Daten der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung von 2009. Da sie die Entwicklung in Deutschland mit dem gegenwärtigen Zustand anderer europäischer Länder und der USA vergleichen wollten, griffen sie zudem auf die Ergebnisse großer internationaler Studien zurück.
Ihren Analysen zufolge waren im Jahr 2009 rund 15,8 Millionen (48,2 Prozent) der über 50-jährigen Deutschen leicht übergewichtig. Obwohl der Trend zu mäßigem Übergewicht im vergangenen Jahrzehnt sogar etwas rückläufig war, haben Westphal und Doblhammer berechnet, dass die Zahlen bis 2030 vermutlich leicht steigen werden. „Das liegt daran, dass immer mehr Menschen ein Alter erreichen werden, in dem Übergewicht besonders häufig ist“, erklärt Westphal. Nur wenn sich das Tempo des zwischen 1999 und 2009 beobachteten Rückgangs verdoppelt, ist eine sinkende Anzahl an Menschen mit einem BMI zwischen 25 und 30 zu erwarten. Bei allen anderen Szenarien liegt die Zahl der leicht übergewichtigen Senioren im Jahr 2030 zwischen 16,6 und 18,2 Millionen.
Abb. 1: Die Grafik zeigt, wie sich der prozentuale Anteil der fettleibigen Deutschen im Alter 50+ bis zum Jahr 2030 verändern könnte. Berechnet wurde die Situation für drei Szenarien. Das Basis-Szenario geht davon aus, dass die jährliche Zunahme der Zahl adipöser Menschen bis 2030 dem Tempo der beobachteten Zunahme zwischen 1999 und 2009 ähneln wird. Im negativen Szenario sind die Forscher von einer Beschleunigung des Anstiegs um das Doppelte ausgegangen. Im positiven Szenario verringert sich das Tempo um 75 Prozent. Zum Vergleich ist außerdem der derzeitige Anteil fettleibiger Senioren in Spanien, Frankreich und Dänemark dargestellt. Quellen: Statistisches Bundesamt, SHARE, eigene Berechnungen.
Der rückläufige Trend bei leichtem Übergewicht hat allerdings zu einer wachsenden Zahl adipöser Menschen geführt. Als fettleibig galten 2009 rund 6,1 Millionen (18,7 Prozent) der über 50-Jährigen. Bis 2030 wird sich der Anteil der Senioren mit einem BMI über 30 in allen untersuchten Szenarien vergrößern (s. Abb. 1). Westphal und Doblhammer haben ermittelt, dass die Zahl der Adipösen bis 2030 um 80 Prozent steigen wird, sofern sich der Anstieg zwischen 1999 und 2009 im gleichen Tempo fortsetzt. Selbst wenn er sich um 75 Prozent verlangsamt, wird es 30 Prozent mehr Fettleibige geben als 2009.
Im internationalen Vergleich steht Deutschland damit nicht gut da. Zurzeit gibt es hierzulande mehr leicht übergewichtige Senioren als in Spanien, Frankreich und Dänemark. Bei den adipösen über 50-Jährigen rangiert Deutschland an zweiter Stelle hinter Spanien. Schon im Jahr 2020 könnte Deutschland, wenn der gegenwärtige Trend anhält, aber auch hier einen Spitzenplatz einnehmen und das derzeitige hohe Niveau von Spanien erreicht haben, berichten die Demografinnen.
Ähnlich, wenn auch nicht ganz so dramatisch, fällt der Vergleich mit Großbritannien aus. Nur in den USA wird es auch 2030 wahrscheinlich noch sehr viel mehr fettleibige Senioren geben als in Deutschland. Dennoch, so das Fazit der Forscherinnen, entwickle sich Adipositas für die Deutschen zu einem zunehmenden Problem.