Zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr arbeiten italienische Männer gut acht Stunden pro Tag und sind damit in der „Rush Hour“ ihres Lebens. Denn pro Tag bedeutet in diesem Fall: gerechnet auf alle sieben Wochentage. Bei italienischen Frauen im gleichen Alter aber schlägt diese Rush Hour ungleich stärker zu: Sie sind im Schnitt jeden Tag noch eine knappe Stunde länger fleißig als die Männer. Verdienen können sie dabei in der Regel nicht sehr viel, denn sie verbringen weitaus mehr als die Hälfte der Zeit im Haushalt oder mit der Betreuung der Kinder (s. Abb.1).
Abb. 1: Zehn Stunden arbeiten Sloweninnen im Alter zwischen 30 und 34 Jahren jeden Tag. Vegleichsweise gemütlich haben es dagegen gleichaltrige italienische Männer, sie kommen lediglich auf acht Stunden. Quelle: Zeitverwendungserhebungen der Nationalen Ämter für Statistik in Österreich, Italien und Slowenien.
Bernhard Hammer und Alexia Prskawetz vom Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital in Wien sowie Marina Zanella von der Sapienza Universität Rom und Jože Sambt von der Universität Lubljana haben in ihrer aktuellen Studie erstmals Daten vorgelegt, welche die Rush Hour von Männern und Frauen in einzelnen Altersstufen genau beziffert. Sie konnten dafür auf Daten der nationalen Statistikämter in Österreich, Slowenien und Italien zurückgreifen.
Geht man davon aus, dass Menschen etwa acht Stunden Schlaf pro Tag benötigen, verbleiben noch 16 Stunden, um Geld zu verdienen, zu putzen, einzukaufen, auf die Kinder aufzupassen, zu lernen oder eben einfach mal die Freizeit zu genießen. Als Rush Hour bezeichnen die Autoren Lebensphasen, in denen Menschen im Durchschnitt mehr als die Hälfte der 16 Stunden täglich arbeiten. Dabei zeigt sich, dass nicht nur zwischen den drei verglichenen Ländern, Österreich, Slowenien und Italien, deutliche Unterschiede existieren, sondern auch zwischen den Geschlechtern und zwischen unterschiedlichen Erwerbsmodellen.
Während etwa slowenische und italienische Frauen zwischen 30 und 50 Jahren circa eine Stunde pro Tag mehr arbeiten als die Männer, kommen Frauen und Männer in Österreich ziemlich genau auf die gleiche Arbeitszeit. Doch auch in Österreich gibt es große Unterschiede bei den Geschlechtern. Während die Männer etwa drei Viertel der Zeit einer bezahlten Tätigkeit nachgehen, verbringen Frauen etwa die Hälfte der Zeit mit unbezahlten Tätigkeiten im Haushalt oder bei der Betreuung der Kinder. Noch deutlicher zeigen sich diese Unterschiede jedoch in Italien, wo das klassische Modell des Einzelverdieners vorherrscht. Während die Männer gerade einmal eineinhalb Stunden unbezahlte Arbeit leisten, kommen Frauen in einigen Altersgruppen auf das Vierfache.
Einen Spitzenwert bei der Arbeitszeit insgesamt erreichen 30- bis 34-jährige Sloweninnen. Sie sind fast 580 Minuten lang fleißig, also fast zehn Stunden pro Wochentag. Weil in Slowenien vergleichsweise häufig beide Partner voll arbeiten, ist das Verhältnis von bezahlter und unbezahlter Arbeit hier zwischen Männern und Frauen allerdings etwas ausgewogener. Slowenische Männer machen deutlich mehr unbezahlte Arbeiten als Österreicher und Italiener.
Dass es vor allem die Frauen bei den Doppelverdienern sind, die in der Rush Hour ihres Lebens unter besonderem Zeitdruck leiden, zeigen weitere Analysen mit Hilfe eines so genannten Regressionsmodells. Demnach haben Frauen in Partnerschaften, in denen nur der Mann Geld verdient, die geringste Arbeitsbelastung, danach folgen Frauen, die Teilzeit arbeiten, während der Mann einen Vollzeitjob hat. Auf die Arbeitszeit der Männer hatten die unterschiedlichen Erwerbsmodelle kaum eine Auswirkung, lediglich in Italien hatten Männer in Doppelverdienerhaushalten weniger Freizeit zur Verfügung als Männer in anderen Erwerbsmodellen. Darüber hinaus stieg die Arbeitsbelastung von Eltern auch deutlich, wenn sie mindestens ein Kind im Vorschulalter hatten. Die Autoren betonen jedoch, dass die Untersuchung nur etwas über die zeitliche Belastung aussage. Wie gestresst oder wie wohl sich Männer und Frauen dabei tatsächlich fühlten, müssten weitere Analysen zeigen.