Die durchschnittlichen Wochenarbeitszeiten von Müttern in Westdeutschland stagnieren seit den 1970er-Jahren bei 13 bis 14 Stunden, während die der Väter – bei leicht fallender Tendenz – um die 40 Stunden liegen (siehe Abbildung 1). Hinter der scheinbaren Verhaltenskontinuität verbergen sich zwei gegenläufige Trends: Zum einen ist der Anteil der Teilzeit und geringfügig erwerbstätigen Mütter kontinuierlich gestiegen, zum anderen ist der Anteil Vollzeit erwerbstätiger Frauen mit Kind zurückgegangen (siehe Tabelle 1).
Tab. 1: Erwerbsbeteiligung von Frauen mit Kindern in Westdeutschland, in Prozent
Abb. 1: Durchschnittliche Wochenarbeitszeit in Westdeutschland; Quelle: Mikrozensus (eigene Berechnungen).
Hinzu kommt, dass sich der Erwerbsumfang vor allem von gering qualifizierten Frauen reduziert und in der Folge eine zunehmende bildungsspezifische Polarisierung der Erwerbsmuster herausgebildet hat. Im Ergebnis ist der Anteil der Vollzeit erwerbstätigen Mütter unter den Akademikerinnen heute doppelt so hoch wie der unter den Frauen ohne beruflichen Ausbildungsabschluss (siehe Abbildung 2).
Abb. 2: Anteil Vollzeit erwerbstätiger Frauen mit Kindern im Haushalt nach Bildungsabschluss in Westdeutschland; Quelle: Mikrozensus (eigene Berechnungen); Anmerkung: Personen von 18 bis 45 Jahren.
Wie ist der Rückgang des Anteils der Vollzeit erwerbstätigen Mütter in Westdeutschland zu erklären? Zunächst einmal haben familienpolitische Regelungen wie die sukzessive Ausweitung der Dauer des Erziehungsurlaubs beziehungsweise der Elternzeit eine Reduktion der Erwerbsbeteiligung von Frauen mit Kindern unter drei Jahren begünstigt. Außerdem haben sich tariflich vereinbarte Arbeitszeitverkürzungen und die zunehmende Betroffenheit von Arbeitslosigkeit in einem Rückgang der durchschnittlichen Wochenarbeitszeiten ausgewirkt. Schließlich haben sich für gering qualifizierte Frauen die Optionen auf dem Arbeitsmarkt seit den 1980er-Jahren überproportional verschlechtert.
Diese Entwicklung ist auch vor dem Hintergrund der familienpolitischen Auseinandersetzung über die Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf sowie den Ausbau des Angebotes an Kinderkrippen von Bedeutung. In der aktuellen Diskussion werden die sozialstrukturellen Unterschiede im Erwerbsverhalten von Frauen mit Kindern kaum beachtet. Das geringe Angebot an Krippenplätzen in Westdeutschland stellt zweifellos für die Mehrheit der Mütter eine Einschränkung ihrer Erwerbsoptionen dar. Für gering qualifizierte Frauen sind jedoch hohe Elternbeiträge für die Kinderbetreuung und schlechte Arbeitsmarktchancen zusätzliche Hürden, die einer Erwerbsaufnahme entgegenstehen. Familienpolitische Transferzahlungen, welche den Ausstieg aus der Erwerbsarbeit über einen längeren Zeitraum fördern, reduzieren darüber hinaus überproportional die Erwerbsneigung von gering qualifizierten Frauen. Wenn überwiegend Mütter, die über ein geringes Bildungsniveau verfügen, das Angebot nutzen, sich über einen längeren Zeitraum aus dem Erwerbsleben zurückzuziehen, werden die bereits heute erkennbaren Tendenzen der Polarisierung der Erwerbsmuster zwischen den höher und den geringer qualifizierten Frauen mit Kindern in Zukunft weiter zunehmen