Dafür hat die Demografin Daten von über 2000 Paaren analysiert, die Ende 2003 Angaben zu ihrem Kinderwunsch gemacht hatten. Sowohl bei den kinderlosen Paaren als auch bei Eltern mit einem Kind oder zwei Kindern war sich rund ein Viertel der Befragten uneins. Dass der Mann einen stärkeren Kinderwunsch hatte als die Frau, war dabei ungefähr genauso häufig wie der umgekehrte Fall.
Abb. 1: Hat ein Paar schon zwei Kinder, so sinkt die Wahrscheinlichkeit sehr stark, dass es ein drittes bekommt, wenn einer der Partner keinen Kinderwunsch hat ( Quelle: Multipurpose Survey on Family and Social subjects, Istat 2003 und 2007 )
Als alle Paare gut drei Jahre später angaben, ob sie in der Zwischenzeit Kinder bekommen hatten, konnten auch die Partner mit kontroversem Kinderwunsch überraschend häufig Nachwuchs vorweisen (vgl. Abb.1). Tatsächlich zeigte sich bei den erhobenen Daten, dass sowohl die Männer als auch die Frauen die Entscheidung über Kinder beeinflussen können: Während sich Männer bei der Entscheidung für das erste Kind eher durchsetzen können, bestimmen Frauen eher über den zweiten Nachwuchs: 38 Prozent der kinderlosen Paare bekam im Untersuchungszeitraum ein Kind, obwohl die Frau keinen so starken Kinderwunsch hatte wie der Mann. Im umgekehrten Fall wurden immerhin noch 34 Prozent der Paare Eltern. Gab es zum Zeitpunkt der ersten Befragung schon ein Kind, bekamen lediglich 21 Prozent der Paare Nachwuchs, wenn der Mann einen stärkeren Kinderwunsch hatte als die Frau. Im umgekehrten Fall waren es dagegen noch 30 Prozent.
Wurden in einer umfassenderen Analyse jedoch weitere Faktoren wie etwa das Alter der beiden Partner, der Familienstand, die Bildung und die Religiosität berücksichtigt, verschwanden diese Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern. Ganz deutlich ist dagegen die Situation bei der klassischen Familie mit zwei Kindern: Hier spielt die Geschlechterverteilung gar keine Rolle mehr. Viel mehr gilt: Hat ein Partner keinen Kinderwunsch oder ist sich nicht sicher, so ist es mit sechs bis sieben Prozent eher unwahrscheinlich, dass ein drittes Kind zur Welt kommt.
Dass die Veto-Kraft eines Partners nach dem zweiten Kind so stark zunimmt, begründen die Autoren Maria Rita Testa, Laura Cavalli und Alessandro Rosina unter anderem damit, dass es eine Art 2-Kinder-Norm gebe: Um diese gesellschaftlich akzeptierte Norm zu übersteigen, müssten in der Regel beide Partner den Wunsch nach einem weiteren Kind haben. Ist dies der Fall, so ist es sehr wahrscheinlich, dass auch noch ein weiteres Kind geboren wird: 93 Prozent dieser Paare hat im Untersuchungszeitraum noch ein Kind bekommen. Paare mit übereinstimmendem Kinderwunsch, die noch kein Kind hatten, bekamen dagegen nur in 63 Prozent der Fälle Nachwuchs.
Darüber hinaus testeten die Autoren, ob Entscheidungen in Partnerschaften, in denen Mann und Frau gleichberechtigt sind, anders getroffen werden. Dafür untersuchten sie Faktoren wie die Bildung oder die Arbeitsbeteiligung und ihren Einfluss auf die Entscheidungsfindung. So wäre es etwa denkbar, dass Männer, die alleinige Ernährer der Familie sind, einen stärkeren Einfluss auf die Kinderentscheidung haben. Das gleiche könnte für Frauen gelten, die eine höhere Bildung haben als ihr Partner. Entgegen der Hypothese der Autoren ist das jedoch nicht der Fall. Für kinderlose Paare ist sogar das Gegenteil richtig: Ist die Frau sehr gebildet, so sinkt die Wahrscheinlichkeit für ein Kind, wenn der Mann einen weniger ausgeprägten Kinderwunsch hat als sie. Gut qualifizierte Frauen scheinen demnach die Einstellung ihrer Partner stärker zu berücksichtigen. Wenn das Paar noch kinderlos ist und nach dem klassischen Ernährermodell lebt, zeigt sich dagegen ein größerer Einfluss der Frauen auf die Familienplanung.
Generell aber konnte die vorliegende Studie nicht feststellen, dass Frauen bei der Familienplanung einen stärkeren Einfluss haben. Die Autoren führen dies unter anderem darauf zurück, dass die Unterstützung der Familien in Italien sowohl finanziell als auch strukturell eher schwach ist. Weil das Aufziehen von Kindern daher lang andauernde Auswirkungen auf beide Partner hat, wolle keiner der Partner eine alleinige Entscheidung treffen.